Für die Dreharbeiten am Film „Strafgefangener 382″ posiert der ehemalige iranische TOP-Spion Hossein Yazdi im Fotografiezimmer der ehemaligen Stasi-Sonderuntersuchungshaftanstalt Berlin-Hohenschönhausen.

Hossein Yazdi während der Aufnahmen zum Dokumentarfilm „Strafgefangener 382″ in der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen. Foto: © Ralf Gründer, 2001

Hossein Yazdi während der Aufnahmen zum Dokumentarfilm „Strafgefangener 382″ in der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen. Foto: © Ralf Gründer, 2001

Hossein Yazdi - Als Iraner in Bautzen II

26. Oktober 1961: Der iranische Staatsbürger Hossein Yazdi wird vom Staatssicherheitsdienst der DDR verhaftet. Auf der Grundlage des »Gesetzes zum Schulz des Friedens« wird Yazdi zu lebenslanger Gefängnisstrafe verurteilt. Für den iranischen Geheimdienst hatte er bis zu seiner Verhaftung über die Aktivitäten der kommunistischen Tudeh-Partei, die von der DDR aus operierte, gearbeitet. 13 Jahre seiner Haft verbringt Hossein Yazdi in Bautzen II. Seit 1979 lebt er als Journalist in West-Berlin.

Jugend in Teheran

Meine Eltern lernten sich in Berlin kennen. Genauer gesagt in der Charite, wo mein Vater Assistenzarzt war. Morteza (meine Mutter nannte ihn später Mohrchen) war aus dem fernen Iran gekommen. Mein Großvater, ein bekannter moslemischer Geistlicher, hatte ihn zum Medizin-Studium nach Deutschland geschickt. Damit fing eigentlich mein späteres Bautzener Verhängnis an. Deutschland am Ende der zwanziger Jahre war ein politisches Chaos. Zwischen Anarchisten, Sozialisten, Nazis und Kommunisten entschied sich mein Vater für die Letzteren, um seinen zukünftigen Lebensweg zu bestimmen. Er büffelte zusammen mit anderen Landsleuten die Schriften von Marx und Engels. Meine Mutter, eine blauäugige Blondine, die damals den Familiennamen »Bedürftig« trug, war politisch völlig unbefleckt; und das blieb sie auch bis an ihr Lebensende. Die Beamtentochter war Chefsekretärin im Postministerium und wollte meinem Vater die abendländische Kultur beibringen. Ihr erster Versuch war, »Mohrchen« in die Oper unter den Linden zu schleppen. Das ging schief. Als die Akteure loslegten, war es um meinen Vater geschehen. Er bekam einen Lachkrampf, der die Stimmen der Sänger an Lautstärke noch übertraf. Zwei Hünen führten ihn hinaus. Fräulein Bedürftig war blamiert. Das war bestimmt nicht der einzige Ausrutscher meines Vaters. Trotzdem wurde aus ihm ein hervorragender Chirurg. Vater kehrte in die Heimat zurück. Fräulein Bedürftig hangte die Beamtenlaufbahn an den Nagel und folgte ihrem »Mohrchen« in den Orient. Wir schreiben das Jahr 1932.

Kindheit in Teheran

1934 wurde ich geboren. Vater spielte Hebamme und gab mir den ersten Klaps. Das war auch die einzige körperliche Züchtigung, die ich von ihm erhielt. Richtige Dresche bekam ich später nur von Mutter - und das nicht zu wenig. Als ich ihr das später einmal vorwarf, meinte sie: »Sonst hättest Du die Härten des Lebens nicht meistern können.« Vaters Laufbahn im Iran ging steil bergauf. Er wurde Professor an der Teheraner Universität und Arzt an der Deutschen Botschaft. Ein Haus wurde gebaut, das oberste Stockwerk zum Krankenhaus hergerichtet. Im Nebenbau hatte mein Vater seine Praxis. Mutter half ihm und machte auf vornehm - ein Kindermädchen mußte her und wurde aus Deutschland eingeflogen. Das Kindermädchen war jung und hübsch, und mein Vater stellte ihm mit Erfolg nach. Als Mutter dahinter kam, wurde die Kleine schleunigst wieder ausgeflogen.

Das nächste Kindermädchen hieß Marta, war mittleren Alters, korpulent und hatte Haare auf den Zähnen. Letzteres hatte ich mal in einem Gespräch aufgeschnappt. Die Folge war, daß ich bei Tisch immer auf Martas Zähne glotzte. Als ich deshalb zurecht gewiesen wurde, erklärte ich meinen Forscherdrang. Mutter wurde puterrot und klebte mir eine. Das saß: Ich suchte auch später nie mehr Haare auf den Zähnen anderer Leute. Im Januar 1937 wurde mein Binder geboren, auch zu Hause. Als ich die neue Brut sah, fiel ich vom Nachttopf. Aus Eifersucht mied ich den neuen Hausbewohner. Später wurden wir Freunde und führten so manchen Streich gemeinsam aus.

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Quelle: Wege nach Bautzen II - Biographische und autobiographische Porträts, Lebenszeugnisse - Leidenswege, Seite 65 - 67.


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