50 Jahre nach dem SED-Mord an Peter Fechter

Die Angeklagten Unteroffizier Rolf Friedrich und Gefreiter Erich Schreiber wurden des „Totschlags in Tateinheit mit versuchtem Totschlag“*1 für schuldig gesprochen. Rolf Friedrich wurde zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten, Erich Schreiber zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Strafen wurde zur Bewährung ausgesetzt.

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Obwohl Peter Fechter seine Flucht nach dem Westen schon aufgegeben hatte, und es demzufolge keinen Grund mehr zur Anwendung der Schusswaffe gab, um die Flucht zu verhindern, haben die „KZ“-Wächter Schreiber, Friedrich und Hans Schönert ihren Vernichtungsbefehl erbarmungslos ausgeführt.

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Exkurs Vergatterung: „Der 1. Zug sichert den Sicherungsabschnitt 1 bis 3 der Kompanie mit der Aufgabe, Grenzdurchbrüche nicht zuzulassen, Grenzverletzer vorläufig festzunehmen bzw. zu vernichten und den Schutz der Staatsgrenze unter allen Bedingungen zu gewährleisten“.*2

Zwei „KZ“-Mörder, die einen unschuldigen Menschen viehisch zur Strecke brachten oder bei der „Vernichtung“ behilflich waren, wurden von einem Gericht der Bundesregierung Deutschland wie harmlose Eierdiebe behandelt.

Am Fall Peter Fechter wurde auch die Lüge vom „Anrufen“ und „Halt, stehenbleiben!“ ad absurdum geführt. In der DDR wurden sogenannte „Grenzverletzer“ erbarmungslos – wie in der Vergatterung und in den Jahresbefehlen Nr. 101/61.. befohlen - vernichtet. Führten die Schüsse nicht zum sofortigen Tod und konnte die Handlung nicht seitens des Westens beobachtet werden, wurden die Angeschossenen durch weitere Schüsse an Ort und Stelle hingerichtet (z. B. Hans-Dieter Wesa, *10. Januar 1943 - †23. August 1962) oder wie in vielen anderen Fällen, so lange liegen gelassen, bis keine Rettung mehr möglich war (z. B. Horst Michael Schmidt (*20. Oktober 1964 - †1. Dezember 1984 ), Silvio Proksch (*3. März 1962 - †25. Dezember 1983). Die Unterlassung von „Erste Hilfe-Maßnahmen“, als ein eklatanter Verstoß gegen die Konvention der Menschenrechte, wurde von den Bundesdeutschen Gerichten in keinem mir bekannten Fall überhaupt auch nur zur Kenntnis genommen. Beim Studium der Gerichtsakten entsteht deshalb der Eindruck, dass die Mörder im staatlichen Auftrag der SED auch in der Bundesrepublik als willige Befehlsvollstrecker willkommen geheißen wurden. Mit anderen Worten: Mord im staatlichen Auftrag wird in der Bundesrepublik Deutschland als legitim betrachtet!“ Hinzu kommt noch der feine Unterschied, dass es sogar in der DDR, von der es hieß, das hier die positiven Ideale der Menschheit erfüllt waren, den „KZ“-Wächtern untersagt war, auf Kinder zu schießen. Beide Flüchtlinge waren aber erst 17 Jahre alt! Bei Anwendung des Schießbefehls, in der DDR offiziell „Schusswaffengebrauchsbestimmung“ genannt, hätte nicht auf die Jugendlichen geschossen werden dürfen.

In der „Durchführungs-Anweisung Nr. 2 zum Befehl des Ministers des Innern Nr. 39/60“, datiert: 19. März 1962 mit dem Inhalt Bestimmung über Schusswaffengebrauch für die 1. und 2. Grenzbrigade (B)" heißt es unter:

4. Von der Schusswaffe darf nicht Gebrauch gemacht werden:

- gegenüber Angehörigen ausländischer Armeen und Militärverbindungsmissionen;

- gegenüber Angehörigen der diplomatischen Vertretungen;

- gegenüber Kindern. *3

Auch dieser Sachverhalt wurde meiner Meinung nach in keinster Weise berücksichtigt.

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Wird fortgesetzt .......