Fotos & Audio-Recording: © Ralf Gründer, Berlin
Im Zeitzeugengespräch berichtet Ruth Michel (geb. Rosenstock, *1928) von ihren Kindheits- und Jugenderlebnissen vor und während des Zweiten Weltkriegs.
Ihre Erinnerungen reichen von den alliierten Bombenangriffen auf Königsberg bis zur Eroberung der Waldkarpaten, erst durch russische und anschließend durch deutsche Wehrmachtstruppen, zurück.
Im vormals polnischen Mikuliczyn erlebte sie 1939 den Einmarsch der Roten Armee. Als 1941 die deutsche Wehrmacht das Gebiet eroberte, wurde die Lage für die christlich-jüdische Familie gefährlich. Ukrainische lokale Helfer terrorisierten im Auftrag der Nationalsozialisten die jüdische Bevölkerung. Ihr jüdischer Vater wurde im Dezember 1941 zusammen mit allen anderen jüdischen Einwohnern der Kleinstadt in einen Wald zwischen Mikuliczyn und Tatarów verschleppt und erschossen. Ruth Michel nahm die Tarnung einer polnischen Zwangsarbeiterin an und konnte so mit ihrer christlichen Mutter zurück nach Königsberg fliehen. Dort überlebte sie die alliierten Bombenangriffe im Sommer 1944 sowie den Einzug der sowjetischen Truppen im Frühjahr 1945. Da sie unter der sowjetischen Herrschaft keine Zukunft für sich, ihrer Schwester und ihrer Mutter sah, flohen sie Ende 1945 in den Westen.
Über die Art und Weise der Behandlung in der Bundesrepublik als Ostzonenflüchtling könnte Ruth Michel weiteres, aber wenig erbauliches Berichten.
Ihre Erinnerungen hat Frau Michel in dem Buch "Die Flucht nach vorne" veröffentlicht.
Ruth Michel fragte sich ihr Leben lang, warum sie als Einzige diese schreckliche Zeit überleben durfte. Sie kam zu der Überzeugung, dass Gott sie habe Leben lassen, damit sie von dieser unmenschlichen Zeit Zeugnis ablegen kann. Deshalb sprach erstmals sie 2010 als Zeitzeugin in einem Interview für das Videoarchiv »Sprechen trotz allem« der Stiftung Denkmal über ihr Leben.
Die Redaktion berliner-mauer.tv möchte ich bei Frau Michel und Herrn Deppendorf für dieses hervorragende Gespräch bedanken.
Für alle, die an dem Schicksal verfolgter Menschen teilhaben wollen, kann das Gespräch hier nachgehört werden.
Moderation: Ulrich Deppendorf
Datum: 10.09. 2015
Zeit: 8.00 Uhr,
Orit: Denkmal für die ermordeten Juden Europas, Ort der Information, Cora-Berliner-Straße 1, 10117 Berlin.
Tipp: ...
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Ruth Michel im | Zeitzeugengespäch | mit Ulriuch Deppendorf am 10.9.2015