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Foto: © Ralf Gründer, Berlin

Biografische Notizen zu Ruth Michel (geb. Rosenstock)

Ich, Ruth Michel, geborene Rosenstock, wurde am 26. Nov. 1928 in Königsberg  geboren. Mein Vater gehörte dem jüdischen Glauben an, meine Mutter war christlich.

1933 verließen wir, meine Mutter, mein Vater, meine 3 Jahre jüngere Schwester und ich Königsberg und zogen zunächst nach Danzig und 1935 ins polnische Mikuliczyn. Dort besuchte ich 4 Jahre lang die polnische Volksschule, und nachdem Hitler Polen überfiel und Polen zwischen Hitler und Stalin aufgeteilt wurde, fiel Mikuliczyn in den russischen Herrschaftsbereich. Bis zu Hitlers Überfall auf Russland im Juni 1941 besuchte ich noch 2 Jahre lang das russische Gymnasium. Im Juni 1941 überfiel die Wehrmacht Russland.

Damit kamen die Nazis zu uns und im Dezember 1941 waren alle Juden unserer Stadt ermordet, darunter auch mein Vater. Daraufhin versuchten wir zurück nach Königsberg zu kommen, aber leider misslang diese Flucht und wir mussten nach Mikulizcyn zurückkehren.

Im Februar 1942, unter dem Druck der Verfolgung durch die Deutsche Gestapo und ihren ukrainischen Terrorhelfern, riskierte ich erneut die Flucht, diesmal hatten wir Glück. Im August 1942 waren wir, meine  Mutter, meine Schwester und ich, bei meiner Großmutter in Königsberg.

Getarnt als polnische Hilfsarbeiterin überlebte ich die Bombennächte und die Einkesselung der Stadt durch die Russen, Königsberg wurde im Februar 1945 Festung, den darauf hin folgenden Artillerie-Beschuss und ab dem 4. April die Straßenkämpfe. Am 7. April 1945 fiel Königsberg und ich war wieder ein freier Mensch.

Ab Juli 1945 arbeitete ich als Dolmetscherin bei einer russischen Kommandantur. Inzwischen herrschte in Königsberg Tiefus, die Stadt wurde zur Quarantäne erklärt und ich wagte meine dritte und letzte Flucht nach Frankfurt am Main.

Ich wurde Zahntechnikerin, heiratete 1956 und habe 2 Kinder. Seit 1994 bin ich Witwe. Damit die Zeit der Verfolgung und Ermordung unschuldiger Menschen durch deutsche Nationalsozialisten nicht vergessen wird, habe ich meine Erinnerungen niedergeschrieben, Lesungen durchgeführt und an Zeitzeugengesprächen teilgenommen.

 


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Ruth Michel im | Zeitzeugengespäch | mit Ulrich Deppendorf am 10.9.2015