Treffpunkt: Bahnhof Hennigsdorf, Hennigsdorf.
Kamera, Ton & Edit: © Ralf Gründer, Berlin (03.08.2024)
Dokumentation: © Ralf Gründer, DDT - Das freie Dokumentarfilm-Team, Berlin

Segment 2: Von der Stele für Marinetta Jirkowsky (Florastraße) radelt Michael Cramer weiter vorbei am Turm Hohen Neuendorf bis zum Entenschnabel. Dort verläßt Michael Cramer den Mauerradweg und radelt weiter bis zum S-Bhf. Hermsdorf, wo die Grünen einem Empfang vorbereitet haben.

Eine besonders wichtige Station dieses Mauerstreifzuges ist die ehemalige Führungsstelle FÜST Hohen Neuendorf, wo auch ein Gedenkort eingerichtet worden ist.



Tipp: Marinetta Jirkowsky: Pfarrer Manfred Fischer liest aus dem Mauertotenbuch (LINK)

Während dieses Mauerstreifzuges hält Michael Cramer auch an den Stelen für Marinetta Jirkowsky und Michael Bittner. Um die vor Ort gegebenen Informationen zu ergänzen, veröffentliche ich hier die Fallbeschreibungen aus der Schwurgerichtsanklage gegen Erich Honecker u.a. Angeklagte.

Zur Schreibweise von Marinetta Jirkowsky gibt es mehrere Versionen. Hier habe ich mich für die Schreibweise entschieden, die auch in der Schwurgerichtsanklage verwendet wurde. Die Schreibweisen des Vornamens Marienetta bzw. Marietta und die Variation des Nachnamens mit i wurden vom Gericht verworfen.

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Anmerkung 1
: Marinetta Jirkowsky (Auszug aus der Schwurgerichtsanklage 2 JS 26/90, Staatsanwaltschaft beim Kamergericht, Berlin, datiert: 12. Mai 1992) Erich Honecker, Erich Mielke, Willi Stoph, Heinz Keßler, Fritz Strelitz u.a. werden angeklagt, in mehreren Fällen einen Menschen getötet zu haben, ohne Mörder zu sein bzw. eine solche Tat versucht zu haben.

Fall 31 (Marinetta Jirkowsky*)

Im Frühjahr 1980 lernten sich der am 12. Februar 1956 geborene Peter Wiesner, der am 25. Oktober 1962 geborene Falko Vogt, und die diesem seit Jahren bekannte Marinetta Jirkowsky, geboren am 25. August 1962, kennen. Da alle drei mit den Lebensumständen in der DDR unzufrieden waren und eine Möglichkeit der legalen Ausreise für sie nicht bestand, entschlossen sie sich zur Flucht über die Sperranlagen nach Berlin (West).

Am 21. November 1980 begaben sie sich um 15.45 Uhr nach Hohen Neuendorf, nördlich von Berlin-Frohnau, um das dortige Grenz- und Grenzsperrgebiet für ihr Fluchtvorhaben auszukundschaften.

In der Nacht zum 22. November 1980 entdeckten sie auf einem Grundstück eine Leiter, die sie für ihr Fluchtvorhaben an sich nahmen. Anschließend hielten sie sich für einige Zeit abwartend im grenznahen Wald auf. Gegen 03.40 Uhr begaben sie sich zur Grenze. Zwischen zwei jeweils von ihnen 100 m nach rechts bzw. nach links entfernt stehenden Wachtürmen überwanden sie im Bereich der Florastraße mit Hilfe der Leiter das erste Sperrelement.
Anschließend rannten sie zu einem Stacheldrahtzaun, den sie ebenfalls mittels der Leiter unbemerkt überstiegen. Schließlich liefen sie zum letzten Hindernis, der ca. 3,50 m hohen Mauer, an der sie die Leiter anstellten. Zunächst überkletterte Falko Vogt die Mauer, daraufhin stieg Peter Wiesner nach oben. Auf der Mauerkrone angelangt war er der Marinetta Jirkowsky beim Überklettern behilflich. Er reichte ihr die Hand, um sie so nach oben zu ziehen. In diesem Moment wurde durch die eingesetzten Grenzposten Dauerfeuer auf sie abgegeben. Marinetta Jirkowsky wurde getroffen und fiel laut schreiend von der Leiter. Peter Wiesner und Falko Vogt suchten auf der westlichen Seite Deckung.

Wenig später wurde die auf Grund eines Durchschusses im Oberbauch schwerverletzte Marinetta Jirkowsky geborgen und in das Krankenhaus nach Hennigsdorf abtransportiert, wo um 07.20 Uhr mit einer Notoperation begonnen wurde. Trotz der Operation verstarb sie auf Grund der schweren Schußverletzungen noch im Operationssaal gegen 11.30 Uhr.

Die am 25. November 1980 durchgeführte Leichenöffnung erbrachte

Befunde:

“Todesursache:

Mehrfache Organverletzungen des Bauchraumes.

Zur Vorgeschichte wird bekannt, daß Z. am 22. November 1980 gegen 04.20 Uhr mit einer Schußverletzung in das Kreiskrankenhaus Hennigsdorf eingeliefert wurde. Es lag ein Entblutungsschock vor. Wegen andauernder Blutung erfolgte eine Bauchoperation, die umfangreiche Organzerreißungen im rechten und linken Oberbauch ergab. Die in der Sektionsdiagnose beschriebenen Befunde nach dem operativen Eingriff entsprechen den Ausführungen in dem Operationsbericht des Krankenblattes. Gegen 11.30 Uhr des gleichen Tages trat der Tod der z. ein. Im vorliegenden Aufnahmebefund des KKH Hennigsdorf wird eine ca. haselnußgroße Einschußverletzung oberhalb der linken unteren Brustkorböffnung in der Brustwarzenlinie beschrieben.
Eine 6 - 7 cm lange zerfetzte Wunde der rechten Flanke handbreit oberhalb der Beckenschaufel wird als Ausschußverletzung angeführt.
Die bei der Leichenöffnung erhobenen Befunde lassen sich einer Schußverletzung zwanglos zuordnen."

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Durch Meldung vom 22. November 1980 wurde dem Minister für Nationale Verteidigung und dem Stellvertreter des Ministers und Chef des Hauptstabes, dem Angeschuldigten Keßler, der Vorfall an der Grenze zur Kenntnis gebracht und mitgeteilt, daß die Geschädigte mit einer Bauchschußverletzung in das Kreiskrankenhaus Hennigsdorf überführt worden sei.

Quelle: 2 JS 26/90 - Schwurgerichtsanklage, Seite 641-642


Anmerkung 2
Michael Bittner (Auszug aus der Schwurgerichtsanklage 2 JS 26/90) 

Fall 35 (Michael Bittner)

Nachdem der am 31. August 1961 geborene Michael Bittner, zuletzt am 9. Juli 1986, mehrere vergebliche Ausreiseanträge ge­stellt hatte, entschloß er sich zur Flucht über die Grenzsperranlagen nach Berlin (West). Seiner Mutter, die ihn letztmalig am 21. November 1986 gesehen hatte, ver­ heimlichte er seine Fluchtabsichten. Von seinem Bruder Mario verabschiedete er sich am Sonntag, dem 22. November 1986 und brachte ihm gegenüber zum Ausdruck, daß seinem Ausreiseantrag stattgegeben worden sei, er jedoch noch nicht wisse, wann er übersiedeln könne.

Zur Verwirklichung seiner Fluchtabsicht näherte sich Michael Bittner am 24. November 1986 um 01.19 Uhr in Höhe der Nohlstraße in Glienicke/Nordbahn den Grenzanlagen. Mit einer Leiter wollte er die Sperranlagen überwinden und in den Westteil der Stadt flüchten.

In diesem Bereich waren die anderweitig verfolgten Zeugen Hartmut Britzke und Olaf Nelde als Postenführer bzw. als Posten, bewaffnet mit Maschinenpistolen Kalaschni­kow, zur Grenzsicherung eingesetzt. Zu diesem Zeitpunkt bestand die Grenzsiche­rungsanlage in diesem Bereich aus zwei Mauern im Abstand von 15 m. Auf der Hinterlandmauer war ein Signaldraht angebracht, der eine Rundumleuchte und einen Signalton auslöste. Die westliche Mauer bestand aus Betonplatten, auf denen Beton­rohre befestigt waren.

Zur vorgenannten Zeit entdeckte der Zeuge Nelde aus einer Entfernung on ca. 200 m in seinem Beobachtungsbereich Mi­chael Bittner, der von der Hinterland­mauer mit seiner mitgeführten ca. 3 m langen Holzleiter in die Grenzsicherungs­anlagen sprang. Durch die Berührung des Signalzauns wurde akustischer sowie opti­scher Alarm ausgelöst. Daraufhin gab der Zeuge Britzke dem Zeugen Nelde den Be­fehl zur "Sicherung des Grenzverletzers". Gleichzeitig liefen beide ca. 20 m in Richtung des Flüchtenden, der mit seiner Leiter über den Kontrollstreifen in Rich­tung des 1. Grenzelements rannte. Nachdem dieser trotz eines Warnrufs "Halt, Grenz­posten, stehenbleiben oder ich schieße" unbeirrt weiterlief, gaben Britzke sowie Nelde Warnschüsse in die Luft ab. Unmit­telbar darauf kniete der Zeuge Britzke nieder und schoß Dauerfeuer in den Sand in Richtung des Flüchtenden, als dieser sich auf dem Kontrollstreifen befand. Der Zeuge Nelde folgte dem Beispiel seines Postenführers und kniete sich hinter die­sen seitlich versetzt nieder. Beide nahmen nunmehr den Flüchtenden, der bereits die Leiter an den Grenzzaun angelehnt hatte und diese hinaufstieg, unter Beschuß. Da­bei feuerte Nelde vier Schüsse Einzelfeu­er, während Britzke nach wie vor Dauerfeuer abgab. Die Entfernung bei Schußabgabe betrug ca. 160-180 m. Der Zeuge Britzke schoß in Richtung des Flüchtenden nach links versetzt. Der Zeuge Nelde zielte in Richtung der Mauer in den oberen Bereich in Höhe des Flüchtlings, als dieser sich auf der ersten Leitersprosse befand. Er zielte zwar neben die Person, war sich je­doch nicht sicher, ob es ihm gelingen wür­de, danebenzuschießen. Als Michael Bittner bereits mit dem Oberkörper die Mauerkrone erreicht hatte und ausrief: "Lassen Sie mich rüber", wurde er durch Geschosse der beiden Zeugen, die bis zu diesem Zeitpunkt noch gleichzeitig feuerten, getroffen. Er sackte zusammen und fiel von der Leiter. Der Zeuge Britzke hatte 22 Schuß abge­geben. Der Zeuge Nelde hatte acht Schuß abgefeuert. Michael Bittner erlitt drei Einschüsse im Rückenbereich und starb an den Folgen dieser Schußverletzungen, einer Herzruptur, um 01.50 Uhr im Regimentsme­dizinpunkt in Glienicke.

Zur Erfüllung ihres Grenzdienstes war den Zeugen Britzke und Nelde befohlen, daß Schußwaffen dann anzuwenden sind, wenn ein Flüchtling weder auf Anruf noch auf einen Warnschuß reagiert und keine andere Mög­lichkeit seiner Festnahme besteht.

Die beiden Zeugen sahen entsprechend ihrer politischen Schulung in sog. Grenzverlet­zern "asoziale Elemente" bzw. Verbrecher.

Durch die mit den Ermittlungen in diesem Fall befaßten Dienststellen der ehemali­gen DDR wurde alles versucht, um dieses Fluchtereignis mit tödlichem Ausgang zu vertuschen:

Aus dem Abschlußbericht der Kreisdienst­stelle Pankow des MfS vom 25. Juli 1988 geht hervor, daß “die politische Sensibi­lität der Staatsgrenze zu Berlin (West) die Verschleierung des Vorkommnisses not­wendig macht; es muß verhindert werden, daß Gerüchte über das Vorkommnis in Umlauf geraten bzw. daß Informationen dazu nach Berlin (West) oder in die Bundesrepublik Deutschland abfließen".

Dementsprechend fehlen Totenschein, Obduk­tionsbefund sowie der Nachweis über die Bestattung des Leichnams.

Gegen den Erschossenen wurde - auch das diente der Verschleierung des Ereignisses durch das MfS (Diensteinheit HA IX/9) ein Vorgang angelegt, in dem Michael Bittner zur Last gelegt wurde, er habe im Verlauf des Jahres 1986 Verbindung zu einer vor der BRD und Berlin (West) aus operierenden kriminellen Menschenhändler­bande unterhalten und sich durch diese am 26. November 1986 in die BRD ausschleusen lassen. Entsprechend erging am 4. Dezem­ber 1986 antragsgemäß Haftbefehl durch das Stadtbezirksgericht Berlin-Mitte.

Dennoch bestehen keine Zweifel, daß Micha­el Bittner bei dem Fluchtversuch erschossen wurde.

Aus der Tagesmeldung des Chefs der Grenztruppen an den Minister für Nationale Ver­teidigung vom 24. November 1986 geht hervor, daß der bei dem Grenzzwischenfall an­geschossene Flüchtling an den Folgen sei­ner Verletzungen verstorben ist.

Der Zeuge Kallweit, der beauftragt worden war, die Überprüfungen vor Ort durchzuführen, traf ca. 20 Minuten nach dem Geschehnis ein. Er stellte drei Einschüsse am Rücken der leblosen Person fest. Sei­nem Befehl entsprechend wurde diese Person in den Regimentsmedizinischen Punkt des Grenzregiments 38 gebracht.

Der Regimentsarzt Klaus Schindler stellte ebenfalls mehrere Schußverletzungen fest. Nach seinen Bekundungen war der Eingelie­ferte bereits beim Eintreffen im Regiment verstorben. Daraufhin stellte er den To­tenschein aus, wobei er die erforderlichen Personalangaben dem ihm übergebenen Personalausweis des Verstorbenen entnahm. Die­sen Ausweis nahmen Mitarbeiter der Spe­zialkommission des MfS anschließend wie­der an sich. Der Regimentsarzt Schindler veranlaßte schließlich die Überführung der Leiche in die Militärmedizinische Akademie in Bad Saarow gegen 04.00 Uhr.

Als Offizier vom Dienst wurde Udo Stange mit dem Transport des Leichnams zur Mili­tärmedizinischen Akademie in Bad Saarow beauftragt. Die Überführung des Leichnams erfolgte mit einem B 1000 - Bus.

Gegen 06.00 Uhr traf der Regimentsarzt Schindler und der OvD Udo Stange in der Gerichtsmedizinischen Akademie in Bad Saa­row ein. Dort wurde der Leichnam nach kur­zer Wartezeit von dem Sektionsassistenten Hans Schiller übernommen.

Im Sektionsbuch der Gerichtsmedizinischen Akademie Bad Saarow befinden sich keine Eintragungen über eine gerichtsmedizini­sche Leichenöffnung am 24. November 1968. Unter dem Datum des 21. November 1986 sind drei Leichen als "Unbekannt" regi­striert worden. Diese Eintragungen finden sich auf den Seiten 65 und 66 des Sektionsbuches. Die Seiten 63 und 64 wurden entfernt. Zu den angeführten Leichen mit den Sektionsnummern 175/86 und 176/86 sind Dokumente vorhanden (Totenscheine, Anträ­ge auf Durchführung einer gerichtsmedizi­nischen Leichenöffnung, Auflistung der Organgewichte, Anträge und Protokolle für die Alkoholbestimmung im Blut etc.). Inso­weit ist eine Identifizierung möglich ge­wesen. Danach handelt es sich bei dem Ver­storbenen mit der Sektionsnummer 175/86 um Manfred Mäder und bei dem Verstorbenen mit der Sektionsnummer 176/86 um Rene Groß. Beide waren bei einem Fluchtversuch am 21. November 1986 getötet worden (vgl. vorst. Fall 34). Zum Leichnam mit der Sektionsnummer 177/86 fehlen die Dokumente. Dieser Leichnam wurde nicht schon am 21. November 1986, sondern erst am 24. November 1986 zu Dienstbeginn eingeliefert und anschließend von dem Obduzenten Dr. Kopetz seziert. An­wesend dabei waren die Zeugen Schiller so­wie Kumnow, der als Kriminaltechniker der Spezialkommission für Leben und Gesundheit des MfS einen Bildbericht gefertigt hat.

Anläßlich der Sektion wurden drei Körper­durchschüsse im Bereich der rechten äuße­ren Körperseite festgestellt. Eine vierte Schußverletzung fand sich an der Hand.

Im sog. "Ein-Ausgangsbuch" registrierte der Sektionsassistent Schiller den Namen, Vornamen, Geburts- und Sterbedatum, Sek­tionsdatum, die Namen des Sektionsarztes und des Assistenten, ferner den Übernehmer der Leiche und die Uhrzeit der Abholung. Dieses "Ein-Ausgangsbuch" hatte der Sektionsassistent Schiller bei dem Obduzenten Prof. Dr. Schmechta abzuliefern.

Ebenfalls am 28. November 1986 erfolgte die Abholung der Leiche mit einem gelb­braunem B 1000 - Bus durch drei oder vier Bedienstete des MfS. Der weitere verbleib der Leiche konnte nicht geklärt werden.

Die aus den Nachweisbüchern herausgetrennten Seiten hat Prof. Dr. Schmechta eben­falls dem Zeugen Becker ausgehändigt.

Aus einer Übersicht des Obduzenten Dr. Kopetz über alle im Jahre 1986 untersuchten Schussverletzungen im Institut in Bad Sparrow geht hervor, daß unter der Sektionsnummer 177/86 eine männliche Leiche seziert wurde. Unter dieser Nummer wurde ein Fernschuß eingetragen sowie als Waffe eine Maschinenpistole Kalaschnikow (allerdings mit Fragezeichen versehen). Als tödliche Verletzung ist eine Brust-Herz-Verletzung vermerkt. Weiterhin ist ausgeführt, daß es sich um einen Grenzzwischenfall gehandelt hat.

Weiterhin ergibt sich die Identität des Getöteten Michael Bittner aus den Tages­meldungen Nr. 326, 327/86 der Grenztruppen der DDR. Danach wurde am 24. November 1986 um 01.19 Uhr eine Person namens Michael Sittner, geboren am 21. August 1961, wohn­haft in der Friedrich-Engels-Straße 48 in Berlin-Rosenthal, durch Grenzposten der 3. Grenzkompanie in dem hier in Frage stehen­den Grenzabschnitt festgenommen. Hinsicht­lich der unterschiedlichen Schreibweise ("S"} ist davon auszugehen, daß es sich um einen Flüchtigkeitsfehler handelt. Nach Angaben seiner Mutter ist Michael Bittner, geboren am 31. August 1961, zuletzt wohn­haft in der Friedrich-Engels-Straße 48 in Berlin-Rosenthal, seit dem 24. November 1986 verschwunden.
Eine 2. Tagesmeldung besagt im übrigen, daß der Flüchtling beim versuchten Grenz­durchbruch tödlich verletzt wurde.

Im übrigen geht aus dem Blatt 4 des Rapportes Nr. 327/86 des BdVP-Potsdam die Identität hervor. Hier wird über ei­nen versuchten Grenzübertritt zur fragli­chen Zeit durch einen Michael Bittner berichtet.

Die Ermittlungen haben weiter ergeben, daß eine Person namens "Sittner" in der Mel­dekartei des Stadtbezirks Berlin-Pankow nicht registriert war. Eine Person dieses Namens gab es in Berlin nicht.

Aus dem nach dem Vorfall vom MfS BV-Berlin angelegten Vorgang (Morgentau) geht aus einer Sofortmeldung vom 24. November 1986 hervor, daß der Fluchtversuch durch Micha­el Bittner unternommen wurde und dessen Leiche zwecks Obduktion nach Bad Saarow verbracht wurde.

Quelle: 2 JS 26/90 - Schwurgerichtsanklage, Seite 656-664

* In der Schwurgerichtsanklageschrift wird Marinetta geschrieben. Welche der beiden Schreibweisen die richtige ist, weiß ich nicht.