Fotos: © Ralf Gründer, 09.11.2009. toncollage: Deutschland, © Reinhard Hummel, Berlin, 1989

Julius Eschka´s Gedanken über die Feierlichkeiten zum Fall der Berliner Mauer am Brandenburger Tor. - 9. November 09

Unverfrorene feindliche Übernahme

Prof. Jens Reich, Friedrich Schorlemer, Rainer Eppelmann, Wolf Biermann, Bärbel Bohley, Freya Klier, vor allem Pfarrer Magirius Friedrich und Kurt Masur hätte das Rednerpult des Festakts am arg vermarkteten Berliner Symbol gebührt. Statt einer würdigen Feier des Gedenkens gab es ein aufgedunsenes Spektakel nach Art von Wetten-daß.

Als Gäste sind natürlich auch Staatspräsidenten willkommen, als Redner der Vertreter von Gegnern einer Vereinigung der beiden deutschen Staaten keineswegs. Welchen Beitrag zum Beseitigen der Mauer wie Gorbatschow und Németh Károly hat Nicolas Sarkozy geleistet?

Es waren die Bürger der DDR, besonders von Leipzig und Berlin, die das durch den Aufstand des Gewissens und Ungehorsam bewerkstelligten, die westdeutschen Politiker waren überrascht - ihr Beitrag bestand im spontanen Aufstehen von ihren Sitzen und Absingen der Staatshymne nach vollzogener Tat.

Flugs wurde der bestimmte Artikel der Parole der Widerständler in den unbestimmten umgepolt. Flugs wurde das GG vergessen und gebrochen, denn im Fall der Auflösung einer der beiden deutschen Staaten habe sich der andere ebenfalls aufzulösen und gemeinsam soll ein neuer geschaffen werden.
Die jetzige Bundesrepublik entstand demnach durch Verfassungsbruch. Am modisch unterwürfigen Kopieren des Amerikanischen mag es diesmal nicht gelegen haben, denn die USA begann bekanntlich (und verdrängt oder vergessen) ihren Weg in die Geschichte mit einem Bruch der geburtsfeuchten Verfassung durch ihre Verfasser, sie setzten den Präsidenten ein, statt ihn laut Gesetz vom Volk wählen zu lassen.

Wie vielen DDR-Bürgern die Gängelung durch eine Gruppe von Parteifunktionären und deren dümmliche Selbstdarstellung stank, wie viele darunter bis hin zum Risiko des Getötet Werdens gelitten hatten, wie viele sich arrangiert hatten, wird nie zu erfahren sein.
Es hätte sich der Einbezug der Urheber des Auflösens des Ostblocks gehört.

Schade, dass Pavarotti mit dem Turandot-Vincero nicht mehr verfügbar ist, auch hätten die Puhdys zu der Berliner Luft als Auftakt besser gepasst als VIP Tenor Placido. So blieb das Spektakel ein Mobbing auf höchster Ebene.

Julius Eschka, 9.11.2009


Tipp 1: Coburg, Götz von
Die Mauer und ihr Fall : Sonderausg. zum 5. Jahrestag d. Mauerfalls 1994 / Text: Götz von Coburg. - 6., erw. Aufl. - Berlin : Presse- u. Informationsamt d. Landes, 1994. - 72 S. : Ill., Kt. - Erscheint auch in engl., franz., russ. Sprache

Tipp 2: Milling, Hanna
Das Fremde im Spiegel des Selbst : Deutschland seit dem Mauerfall aus Sicht französischer, italienischer und spanischer Deutschlandexperten / Hanna Milling. - Berlin : Logos Berlin, 2010. - 422 S.
(Trenn - Striche / Binde - Striche ; 4)
Zugl.: Passau, Univ., Diss.
ISBN 978-3-8325-2526-2

Tipp 3: Die friedliche Revolution in Sondershausen : Erinnerungen an 1989/1990 / [hrsg. von der Thüringer Landesbeauftragten für Stasi-Unterlagen in Zusammenarbeitarbeit mit der Arbeitsgruppe "20 Jahre Friedliche Revolution in Sondershausen"]. Von Sabine Bräunicke ... Mit Bildern von Michael Glaser. - Erfurt : Landesbeauftragter für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes, 2009. - 175 S. : zahlr. Ill.
(Buchreihe der Thüringer Landesbeauftragten für Stasi-Unterlagen)
ISBN 3-932303-62-8

Tipp 4: Fallmauerfall : [61 - 89 - 09 ; Grenzüberschreitungen und Grenzerfahrungen im Spiegel der Kunst ; Stadtmuseum Berlin, Ephraim-Palais in Kooperation mit dem Video-Forum des Neuen Berliner Kunstvereins (nbk), 6. November 2009 bis 7. Februar 2010 ; Karikaturen des Kalten Krieges, OSKAR vs. Erich Schmitt, Stadtmuseum Berlin, Märkisches Museum, 6. November 2009 bis 7. Februar 2010] / Stiftung Stadtmuseum Berlin. Hrsg. von Franziska Nentwig und Dominik Bartmann. - Berlin : G + H Verl., 2009. - 79 S. : zahlr. Ill. ; 29 cm.
ISBN 978-3-940939-12-8